Darf ich etwas vorschlagen?

Johannes Stiehler
Technologie
#Suchvervollständigung
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Suche ja, aber sonst?

Ich lese keine Zeitung. Schon lange nicht mehr. Wie viele Menschen ziehe ich es vor, mir nicht jeden Tag einen halben Baum in den Briefkasten stopfen zu lassen. Ich will keine Zeit damit zubringen, ein Medium von der Größe eines Bettlakens linear durchzugehen, um für mich Wichtiges und Interessantes zu finden.

Ich habe aber durchaus digitale Abos. Die benutze ich, um mich tagesaktuell über wesentliche Ereignisse zu informieren und gelegentlich gezielt Hintergrundinformationen zu bestimmten Themen abzurufen.

So weit, so normal. Der Trend geht ja so oder so weg von “verordneten Strukturen” zu individuellem Abruf. Ob das Fernsehen vs. Netflix ist, Berufsausbildung vs. Online-Kurse oder eben Tagestapete vs. News-Portal.

Eine Voraussetzung für diese Art des Konsums ist Durchsuchbarkeit. Ich suche nach spezifischen Themen, Autoren, Geographien. Das ist unersetzlich, sonst wird die schnelle Information zur mühsamen Ausgrabung.

Zum Glück sind wir mittlerweile soweit, dass fast jedes Zeitungsportal eine Suchfunktion anbietet, aber schaut man genauer hin, bietet sich oft ein armseliges Bild.

Ja, natürlich, liebe Zeitungen, ihr könnt erwarten, dass ich weiß, wie man “Ukraine” schreibt, aber müsst ihr mich das deswegen vollständig tippen lassen, bevor ich etwas finde?

Süddeutsche

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Wohin man kommt, der gleiche traurige Anblick: Selbst die größten deutschen Zeitungsportale bieten keine sinnvollen Vorschlagslisten an.

Suchen ist zu viel Arbeit

Was für eine verpasste Chance in doppelter Hinsicht!
Erstens könntet ihr mir so viel Arbeit ab- und mich damit viel mehr für euer Portal einnehmen.

Und ja, ich weiß, wie man “Ukraine” schreibt, aber mal ehrlich, schon bei ” Wolodymyr Selenskyj” kommen wir doch alle ins Schwimmen.

Wie enorm hilfreich ist dann so etwas:

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Aber die verpasste Chance liegt nicht nur darin, meiner unbeholfenen Rechtschreibung slawischer Namen unter die Arme zu greifen.

Es gibt bekanntlich keinen besseren Weg, aus einer Suchmaschine mehr Relevanz herauszukitzeln, als sie mit mehr Suchbegriffen zu füttern.

Die Google-Liste ist auch dafür ein gute Beispiel. Wahrscheinlich suche ich ja etwas Spezifischeres als “Ukraine” oder “Selenskyi”, zum Beispiel eher “neueste Entwicklungen im Ukraine-Krieg” oder “Selenskyis Kommentar zur Abwehrrakete”. Aber wie oft tippen wir das wirklich zusammen, zumal auf einem mobilen Gerät? Nein, da bleibt es meist bei den statistisch normalen 1,5 Suchworten.

Zeigt mir den Weg

Hier liegt die zweite verpasste Chance: Den Nutzer an die Hand nehmen, ihm relevantere Ergebnisse liefern, indem relevantere, spezifischere Begriffe und Phrasen vorgeschlagen werden, vielleicht sogar Kombinationen, an die er noch gar nicht ausdrücklich gedacht hat, die aber mit den Inhalten auf dem Portal beantwortbar sind.

Die Neue Zürcher Zeitung macht das etwas besser, nur transliteriert sie “Selenski” statt “Selenskyj” und akzeptiert keine anderen Schreibweisen.

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Aber diese Vorschlagsliste ist eigentlich auch nur eine Liste von Artikeltiteln, die die eingegebenen Buchstaben enthalten. Wie erwähnt, gibt es keinerlei Fehlertoleranz (wobei man bei der Transliteration ursprünglich kyrillisch geschriebener Namen ja nicht mal wirklich von einem “Fehler” sprechen kann) und auch keine Vorschläge, die versuchen, die Suchintention des Nutzers zu “ergründen”.

Die Liste der NZZ ist in dieser Hinsicht auch keine große Erleuchtung. Welchen dieser Vorschläge klicke ich denn nun an? Vermutlich führt ja jeder nur auf genau einen Artikel. Welcher dieser Artikel ist aktueller, länger, kürzer, ein Überblick über die Thematik, ein Live-Ticker? Hallo? Ich hätte gern ein halbes Pfund Nutzerführung, bitteschön. Dann dürft ihr auch gern die eine oder andere Werbung mit reinpacken.

Handlauf und Highlights

Was will ich denn nun eigentlich haben?
Suggest, Autocomplete, Suchvorschläge oder wie man sie nennen will, sind nicht einfach “schnellere Suche”. Sie sollten auf einer logischen Aggregation der Inhalte, nicht auf den Inhalten selbst, basieren.
Ich möchte nicht nur Artikelüberschriften vorgeschlagen bekommen, sondern Themen, Länder, Autoren – alle Kategorien, die relevant sind.

Das Ergebnis einer Suggest-Funktion ist eine Sucheingabe, nicht eine Artikelliste. Ohne diese zusätzliche Abstraktionsebene verliert die Funktion einen Großteil ihres Mehrwerts.

Ein Beispiel, wie man vieles richtig macht, ist die Vorschlagsliste von Hugendubel:

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Welche Kategorien sind bei einem Medienhändler relevant?

  • Autoren / Interpreten
  • Titel
  • Genres / Themen
  • Aktionen

Und genau aus diesen Kategorien bekomme ich die wichtigsten (z.B. auflagenstärksten) Vorschläge geliefert.
Spezifisch Buchtitel sind auch hier wieder direkte Links auf den Artikel, aber Autoren und Genre führen mich zu einer Ergebnisliste, in der ich mich weiter umschauen kann.

Ein Suggest-Feature, das mir erklärt, was suchbar ist, mir eine Großteil der Arbeit abnimmt und mich dennoch nicht bevormundet – so schwierig ist das doch nun auch wieder nicht.

Johannes Stiehler
CO-Founder NEOMO GmbH
Johannes hat während seiner gesamten Laufbahn an Softwarelösungen gearbeitet, die Textinformationen verarbeiten, anreichern und kontextabhängig anzeigen.

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